Mein Toaster spinnt

Nicht nur Spinnen spinnen
schallundrauch agency philosophieren für Neunjährige

Hinter dem banalen Titel - „Mein Toaster spinnt“ - verbirgt sich ein fantasievolles, abwechslungsreiches Stück voller Überraschungen. Eine fortlaufende Erzählung gibt es nicht, aber viele Fragen und noch mehr Möglichkeiten, diese zu beantworten. Gabriele Wappel und Janina Sollmann haben die Idee gehabt und mit Unterstützung von Frans Poelstra inszeniert, was sie gemeinsam mit Harald Sickha für ein junges Publikum ab Neun auf die Bühne bringen: Eine Parabel über das Leben, ein Nachdenken über das Woher, Wohin und Warum, ein Träumen, Singen und Lachen.
Da kämpft ein Seemann gegen den eisigen Nordwind, La Traviata übt das Sterben (und tut dies in Schönheit), eigentlich ist sie ein Alien, von den Menschen entführt, aber sie hat es vergessen; die Strickliesl auf dem Baum hoch oben hingegen, meint dass sie verdoppelt sei, am anderen Ende der Welt gibt es sie einfach noch einmal. Eine schöne Vorstellung, dass da eine ist, die zuhört und alles versteht. Aber wie fühlt es sich an, wenn man zur Göttin gemacht wird? Wie ist es eine Robbenfängerin am Eismeer zu sein und was macht der Toaster wenn niemand da ist? Jedenfalls erlaubt ihm der Hungrige, der später als Kartoffelkäfer aus dem märchenhaften Leben der Spinnentiere erzählt während er den Boden aufwischt, sich auszuruhen, wenn er schon nicht mehr rösten mag.
Auch mit Witz und Fantasie kann philosophiert werden, von Schrödinger bis Darwin und vor allem aus dem Leben der Spinnen. Die voll geräumte Bühne und der lockere Umgang mit den Requisiten, die oft ausufernde freien Assoziation mit wunderbaren Metaphern, skurrilen Ideen und dem warmherzigen eingehen auf die Fragen und Probleme der Teenager erinnert das 2003 gegründete Performanceensemble Schall und Rauch Agency immer mehr an die Arbeiten aus der Genter Kopergietery, was nicht wundert, schließlich kommt auch Trainer Frans Poelstra aus den Niederlanden und ein begnadeter Träumer ist er auch. Wie auch immer, mit dem Crossover aus Musik, Bewegung und Sprache (die wäre noch etwas zu trainieren) kann die Agency sogar jüngere Zuschauerinnen faszinieren.
Und der Titel? Erklärt sich am Ende, wenn dem Publikum Toast mit Marmelade gereicht wird, damit neue Fragen gestellt und neue Antworten gegeben werden können. Eine hat die Popband „Die Ärzte“ bereits vorgegeben: „Der Himmel ist blau und das Leben liegt vor dir“.

Ditta Rudle
22.10.2009, © www.tanz.at


Wilde Spinnenphantasien
Dschungel bringt "Mein Toaster spinnt"

Wien (OTS) - Spätestens am Ende des knapp einstündigen Stückes, wenn Spider Women (Janina Sollmann) von ihren Spinnen-KollegInnen (Gabriele Wappel und Harald Sickha) hinaus getragen wird und die Bühne einem verzwickten Spinnennetz gleicht, schaut man noch einmal auf den Titel der Performance, und ja richtig: Der 08/15-Toaster, der zu Beginn seine Funktion einstellt, spinnt ganz real. Die neueste Produktion der "schallundrauch agency", die Mittwoch Abend im Dschungel Wien seine Uraufführung erlebt hat, ist eine erstaunlich bildgewaltige wie auch witzige Assoziationskette zwischen Kinder-Lieblingsspeise und Netzmetapher, deren bedrückende Verfänglichkeit spätestens mit dem "Die Ärzte"-Song "Der Himmel ist blau" verfliegt.

Die teils für sich stehenden Assoziationen, die bildlich mittels Seilen verbunden werden, entstammen nicht nur der künstlerischen Phantasie von "schallundrauch", auch Kinder im Alter zwischen 9 und 13 Jahren haben daran kräftig mitgewirkt. Via Video-Statements kommen sie auch vor, erzählen dem Publikum, was sie gerne treiben und essen - nämlich Toasts in verschiedenen Varianten - das Stück selbst konkretisiert dann die Gedankenwelt der "Ein-bisschen-noch-Kinder". Ob die Menschen eigentlich Außerirdische sind, die einem verkehrt angewandten "Men in black"-Verfahren unterzogen wurden und ob es wirklich sein kann, dass ein und dieselbe Person zwei Mal gleichzeitig auf Erden ist: "Mein Toaster spinnt" verführt nicht nur tänzerisch in bunte, abwegige, jedenfalls sehr reizvolle Gedankenreisen. Kurzum: Eine sehenswerte, überraschungsreiche Schau, welche flott von einem Spinnenfaden zum nächsten wechselt.

APA


Über sich und Dinge spinnen
Tanzperformance von "schallundrauch agency" im Kinder- und Jugendtheaterhaus im Wiener MuseumsQuartier

Wenige Tage nach einem internationalen Kongress über Kinderphilosophie in Graz startet im Wiener Kinder- und Jugendtheaterhaus ein Stück, das sich ideal zum Philosophieren mit Kindern eignet. "Mein Toaster spinnt" von "schall und rauch agency" ist eine ziemlich schräge Tanztheaterperformance. Sie startet mit Videointerviews. Kinder sowie die Akteurinnen und Akteure des Stücks äußern ihre Gedanken zur Frage "wie bist du?" Nach der videoellen Frage-/Antwortrunde geht's nahtlos in die Live-Performance über.

Ein Gutteil der nicht ganz einstündigen Show für Menschen ab rund neun Jahren (nach oben offene Altersskala) besteht aus scheinbar zusammenhanglosen Gesprächen, die sich nach und nach zu einem Ganzen zusammenfügen. Jede und jeder der drei ProtagonistInnen (Gabriele Wappel, Janina Sollmann und Harald Sickha) agieren einzeln für sich allein vor sich hin - im selben Raum gibt's aber natürlich immer wieder - zwangsläufig - Berührungspunkte. "Belebt" werden durch Gespräche aber auch Dinge - vom Toaster bis zur Waschmaschine - gut von Kindern gelernt. Die versponnenen Geschichten verknüpfen sich zu guter Letzt zu einem Netz ;)

Heinz Wagner, Kiku