Performance-Brunch im Volkskundemuseum

Zum dritten Mal haben Bühnenkünstlerinnen im Volkskundemuseum, Wien den Performance Brunch REAL veranstaltet, im Rahmen dessen kurze und überaus kurzweilige Performances mit Nahrung für den Leib ergänzt werden. In den Pausen Getränke und Brötchen, zum Abschluss das große Fressen. Veranstaltet wird die Matinee am Wochenende von den Performerinnen Regina Picker und Aline Kristin Mohl.
Picker, Mohl, Janina Soll und Simon Vosecek) und die kurdische Tanzgruppe Koma Raperīn widmeten sich diesmal dem Themenkreis Brauchtum/ alpenländische Tradition, um zu erforschen, was Perchtenmasken und Volkstänze heute noch für eine Bedeutung haben könnten.
Ganz persönlich nahmen Sollmann und Vosecek (ein Teil der durch Stücke für Kinder und Jugendliche bekannten Compagnie schallundrauch agency) den Begriff Heimat und erzählten authentisch, singend und spielend, aus ihrem Leben. Dass Heimat nicht geografisch gemeint sein muss und sich auch immer wieder neu manifestiert, wurde mit dem Ausschnitt aus dem Tanztheaterstück „Da Sound of Musik“ schnell klar.
Fein und sorgfältig hat Regina Picker ihren Auftritt als Schiachpercht gestaltet. Der rüde Ziegenbock in Lederhose und Bergschuhen hat wenig anderes in Kopf und Schlund als sich zu besaufen; wandelt sich dann aber zum gestylten Superman, der die Damenwelt in Bodybuilderpose beeindruckt.
So sind die Männer!
Denkt man hämisch und staunt, wenn der Zippverschluss nach unten ratscht und den Frauenkörper in zarter Unterwäsche für einen kurzen Blick frei gibt.

Mit der Maske der Schönpercht „Wurzelweiberl“ spielt gekonnt auch Aline Kristin Mohl. Schön ist dieses Weibsbild keineswegs, sieht eher einer Hexe ähnlich, die im Laufe der performativen Verwandlungen, dann auch den Hexentanz vor knisterndem Feuer aufführt. Was als wimmerndes eine Tragödie schilderndes altes Weiblein beginnt endet als Discogirl (wobei die Transformation auch ohne die störenden und, wie längst erforscht, mitunter gefährlichen Stroboskopeffekte funktioniert hätte). Die Maske bleibt immer die selbe, der sich wandelnde Körper verleiht ihrvon Mal zu Mal einen neuen Ausdruck.
Schon der Titel für diese auch von den vielen anwesenden Kindern bestaunte Performance verrät den ironischen Ansatzpunkt: „Vibes-Bild“ nennt Mohl ihren Auftritt im Salon des Gartenpalais’ Schönborn.
Unter der Leitung von Aysel Aleş, Ruken Ersalan und Laura Unger zeigten zum Abschluss kurdische Paare einen Walzer, nicht in Dirndl und Lederhose sondern in der kurdischen Nationaltracht. Auch einen kurdischen Hochzeitstanz führten die Gruppe vor, wobei zum Ausgleich die kurdische Trommlerin im bunten Dirndl gesteckt ist. Ohne viel Worte wurden in diesen Performances das Nachdenken über Geschlechterrollen, Tradition und Heimat angeregt.
Wie gut das Format ankommt, zeigte der rege Besuch ganzer Familien, vom Krabbelkind bis zur Oma dieser immer an zwei Tagen stattfindenden Wochenend-Matinee.

tanschrift.at, Ditta Rudle, September 2015